Seit 26 Jahren treffen sich Anfang März Anbieter und Anwender der IT-Branche in Hannover auf der CeBIT. Debütiert hat die größte Fachmesse für Informationstechnologie weltweit 1986 unter dem Namen „Centrum für Büro und Informationstechnik“. Dieser Bezeichnung sind die Veranstalter bis heute treu geblieben.
Die Aussteller- und Besucherschwerpunkte hingegen waren in der jüngsten Entwicklung sehr unterschiedlich. In den Anfangsjahren noch stark von PC-Herstellern dominiert, nahmen in den neunziger Jahren Consumer-Produkte und Spiele-Hersteller die Oberhand und lockten ein immer jugendlicheres Publikum an. 1996 waren 29% der Besucher Privatleute. Das führte zwar zu Besucherrekorden, der Fachcharakter-Anspruch der Messe wurde aber stark in Leidenschaft gezogen.
Die „Re-Professionalisierung“ erfolgte durch ein neugestaltetes Angebot für Austeller, durch die Gründung einer eigenen CeBIT HOME für den privaten Endverbraucher und nicht zuletzt durch höhere Eintrittspreise. Die Umstrukturierung zeigte rasch Wirkung. Der Fachbesucheranteil konnte sich deutlich erhöhen und erreichte mit 88% im letzten Jahr eine neue Rekordquote.
Geschäftsleute, IT-Anbieter und Brancheninsider prägten auch die diesjährige Ausgabe. Wie immer war die Messe sehr gut strukturiert und organisiert. Trotz Streiks im Nahverkehr mit über 500.000 Menschen im Großraum Hannover, die auf Busse verzichten mussten, war die Anfahrt problemlos.
Gleich auf den ersten Blick war die Struktur mit den Aufteilungen für die Bereiche Professional, Government, Life und Forschung erkennbar. Mit dem Leitthema taten sich dagegen einige schwer: „Managing Trust“ wurde vor allem in der Fachpresse als beliebig gewählt und austauschbar kommentiert. Erhöhte Sicherheit in der digitalen Welt sollte einen Vertrauensbildungsprozess gegenüber Bits und Bytes schaffen und zu einem Grundstein für Fortschritt und Wachstum werden.
Nach Cloud, 3 D oder Webciety scheint die IT also wieder zu menscheln. Werte stehen im Vordergrund. Dementsprechend wurden nicht nur technologische Aspekte, sondern auch Überlegungen dazu, was die Computerwissenschaft für das menschliche Verhalten bedeutet umfangreich thematisiert und diskutiert. Als Unternehmen wie als Privatperson sei der Problematik des potentiellen Missbrauchs noch stärkeres Bewusstsein entgegenzubringen und bei der Wahl eines Anbieters ein gesteigerter Wert auf Sicherheit und Nachvollziehbarkeit zu legen. Darüber hinaus gilt die Vertrauensbildung auch als Grundpfeiler sozialen Handelns, den es über Themen wie Datenschutz aufzubauen und zu festigen gilt. Hier ruft die Wirtschaft die Politik auf, im Zuge von jüngsten Meldungen über Datenklau und Hackerangriffe sich noch stärker mit organisatorischen Themen wie Persönlichkeitsrechten zu befassen.
Von fachthematischer Seite setzte die CeBIT auf vier inhaltliche Eckpfeiler. Die allgegenwärtige Cloud, das omnipräsente Social Media, Big Data (gemeint ist die wachsende Menge digitaler Daten und die Herausforderung in der Verwaltung dieser), sowie Open Source. Das Trendthema Open Source war dabei schon in den vergangenen Jahren für volle Hallen gut. Mittlerweile hat sich der Bereich rund um den Open Source Park auf der CeBIT zur größten business-orientierten Veranstaltung für quelloffene Software in Europa etabliert. Open Source ist gerade bei mittelständischen Firmen stark im Auftrieb und hat seinen Weg in viele Bereiche des Geschäftslebens und der öffentlichen Verwaltung gefunden. Was in den 80er Jahren mit dem Bau des Betriebssystems Linux begann, hat sich insbesondere im Umfeld von Infrastrukturdienstleistungen zu einem qualitativ hochstehenden Niveau entwickelt, das dem von so genannten proprietären Produkten kaum mehr nachsteht.
Bei den Vorträgen kamen dann auch zahlreiche große Unternehmen zu Wort, die Open Source Systeme einsetzen und die angewandte Software als stabil, meist einfach in der Struktur und Handhabung und trotzdem leistungsfähig bewerteten. So spielen mittlerweile insbesondere Lösungen wie Typo3, Alfresco, Joomla, SugarCRM, vTiger im Enterprise Business Segment eine bedeutende Marktrolle. Auch die Weiterentwicklung der Systeme hat sich erheblich beschleunigt. Unnötige Funktionen findet man in Open-Source-Umfeld kaum. Entwickelt wird nur, was auch wirklich von unmittelbarem Nutzen ist. Das hält die Systeme im Regelfall schlank und flexibel und erleichtert für viele Anwender die tägliche Arbeit mit der Software.
Nicht fehlen durfte auf der CeBIT natürlich das Thema Cloud: IT aus der Steckdose, IT pay per use, sich als Anwender und Unternehmen nicht mehr um die Technik kümmern zu müssen sondern dies den Anbieter überlassen – so die werbewirksam vermitteln Botschaften der Anbieter. Tatsache ist, dass die Cloud die nächste große Entwicklung nach der Virtualisierung sein wird. Das endgültige Konzept scheint dabei noch nicht gefunden zu sein. Die Anbieter waren bunt gemischt und stellten unterschiedliche Strategien vor.
Auffallend war dabei vor allem das starke Angebot aus Asien. So hat der chinesische Telekommunikationsanbieter Huawei mit einem überdimensionalen Stand für Enterprise Cloud geworben hat. Huawei ist in der Branche bisher vor allem als Hersteller für Netzwerkkomponenten und Modems bekannt. Nun ist das Unternehmen als Cloud-Spezialist anzutreffen und präsentiert die nach eigenen Angaben weltweit erste Lösung für Mobil-Breitband-Beschleunigung, um dem Netzwerkstau in der Cloud zu entgehen.
Auch an Angeboten, die mehr zum Schmunzeln als zum Fachsimplen anregten, hat es erwartungsgemäß nicht gefehlt. Der Verwendungszweck eines Table Dance-Esembles aus Robotics Technik lässt sich dabei wohl nur mit viel Fantasie erahnen. Lustig war es allemal und den Besuchern, die sich bei einem guten Getränk entspannten und Eindrücke austauschten, schien es zu gefallen.
Gelohnt hat sich ein CeBIT-Besuch für den IT-Interessierten auch 2012, sei es, um mit Geschäftspartnern, Kunden oder Partnerunternehmen in Kontakt zu treten, sei es, um Anwendungserfahrungen auszutauschen und sich einen umfassenden Überblick über die Markttreife aktueller Technologien und Produktneuerungen zu verschaffen. Ungeplant und vor allem als Geschäftsbesucher unvorbereitet über die Messe zu bummeln, um den einen oder anderen Geheimtipp oder DEN neuen Trend zu entdecken, war auf der CeBIT nie sonderlich ratsam.